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Mein Weg aus dem Loch

Ich möchte dir eine Geschichte erzählen.

 

Die Geschichte einer Frau, die losgegangen ist, ohne genau zu wissen wohin.

Die Geschichte einer Frau, die gespürt hat, dass da so viel mehr auf sie wartet.

Die Geschichte einer Frau, die nicht in Worte fassen konnte, was es ist.

Die Geschichte einer Frau, die begonnen hat, ihr Leben zu leben.

 

Es ist eine Geschichte des Loslassens und Trauerns, des Schmerzes und des Todes. Es ist eine Geschichte der Freude, der Farben und des Wachstums.

Es ist eine Geschichte des Zweifelns, des Grübelns und des Verkopfens. Es ist auch eine Geschichte hin zur Verkörperung, Vertrauen und der Liebe.

Es ist eine Geschichte des Hasses auf sich selbst, des sich selbst nicht fühlen und sehen wollen und können. Es ist auch eine Geschichte der schrittweisen Annahme und des tieferen Ankommen in sich selbst.

Es ist eine Geschichte in der Menschen hinzukommen und Menschen wieder gehen. Es ist eine Geschichte des Geben und Empfangen, des Verletzens und Verletzt werdens.

Es ist eine Geschichte der bunten Vielfalt und der Welt auf Reisen. Es ist eine Geschichte des im Innen sein, Heilen und sich mehr und mehr Spüren.

Es ist eine Geschichte eines kleinen schüchternen Mädchens, das sich zur selbstbewussten Frau entwickelt. Es ist aber auch eine Geschichte der Schuld, der Scham und des sich Verstecken wollens.

Es ist eine ganz besondere Geschichte, die es so nicht ein zweites Mal gibt und geben wird.

Es ist meine einzigartige Geschichte.

 

Die Maria Rosa aus 2015.

 

Eine Maria Rosa, die vermutlich nicht allzu viel mehr wie 40kg wog und ihren Körper nicht annehmen, spüren und schon gar nicht genießen konnte.

Eine Maria Rosa, die keinen Hunger mehr auf das Leben hatte, weil sie so viel Schmerz erfuhr.

Eine Maria Rosa, die in diesem tiefen schwarzen Loch entschied, ihren Weg zu gehen und damit alles veränderte.

Eine Maria Rosa, die auch glaubte, dass sie für ihren Weg alles andere aufgeben muss.

Alles geben muss. Kämpfen muss. Ja keine Schwäche zeigen darf.

 

Ich weiß es noch wie gestern, als ich in der Küche beim Frühstück saß- müde von der Kinderbetreuungswoche im Sommer, aber froh darüber mich ablenken zu können von den vielen Gedanken und Emotionen rund um die Trennung meines langjährigen Partners, die schwere Krankheit meiner Professorin kurz vor Studienabschluss und einigen Themen mehr in der Familie.

 

Ich redete mit meiner Mama über die vergangenen Monate, über das, was da war.

Ich weiß noch, dass sie mir irgendwann von einer Frau aus dem Dorf erzählte (falls du das liest- ich bin dir unheimlich dankbar für die Inspiration), die in Spanien unterwegs war. Und ich habe noch den Tonfall meiner Mama im Ohr als sie mich fragte:

 

„Wie, willst du jetzt auch den Jakobsweg gehen?“

 

Das war der Moment der Entscheidung.

Einer Entscheidung, die mich prägen sollte über mein ganzes Leben.

Es war der Moment, in dem ich mich FÜR mich entschieden hatte. Für dieses Leben hier.

 

Zwei Monate später saß ich im Flieger nach Pamplona.

Keine Ahnung, was auf mich zukommen würde.

Keine Ahnung, ob ich das schaffen würde.

Keine Ahnung, wo ich schlafen, gehen, sein würde.

 

Und doch, das tiefe Gefühl, dass das genau der richtige Weg war.

Dass es wohl ein weiter, anstrengender und intensiver Weg war, aber einer, der mich mehr zu mir brachte.

Dass es wohl ein Weg war, auf dem ich Menschen kennen lernen würde, dass ich aber auch alleine sein wollte.

Dass es wohl ein Weg war, auf dem ich vieles in Frage stellen würde, aber auch auf vieles ganz neue Antworten und ein tiefes Vertrauen finden würde.

 

Aufbrechen- sich auf den Weg machen.

aufbrechen- der Sehnsucht folgen,

aufbrechen- Fesseln sprengen,

aufbrechen- Mut fassen,

aufbrechen- Vertrautes verlassen,

aufbrechen- Neues wagen,

im ersten Schritt liegt der ganze Weg.

Camino 2015

 

„Neu anfangen heißt Altes loslassen.“

Camino 2015

 

 

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